Vorbildliche Strassenraumgestaltung in Buchs SG
Es findet ein Umdenken statt: Der Kanton St.Gallen hat zusammen mit den Gemeinden Buchs und Grabs ein neues Betriebs- und Gestaltungskonzept für die St.Gallerstrasse und die Churerstrasse erarbeitet. Darin sind auch Elemente ersichtlich, die bis anhin in Vorschlägen zurückgewiesen wurden.
Von Markus Tofalo
Rathaus in Buchs SG: Jetzt eine Kreuzung, künftig ein Platz vor dem Rathaus (Illustration: PR Landschaftsarchitektur GmbH).
Geht es nach dem Kantonsrat, wäre der Ausbaustandard klar: Der Verkehr muss möglichst ungehindert fliessen. Im Strassenbaugesetz ist verankert, dass Tempo 30 auf «verkehrsorientierten Strassen» nicht erwünscht ist und auf Fahrbahnbushaltestellen möglichst zu verzichten ist.
Verschiedene Wünsche berücksichtigen
Das primäre Ziel des Kantons ist die Instandsetzung der Strasse, die Anpassung der Bushaltestellen ans Behindertengleichstellungsgesetz, die Erfüllung der aktuellen Normen beispielsweise für Fussgängerübergänge und ein zeitgemässes Angebot für Velofahrende. Die Gemeinden fordern hingegen mehr Bäume, Begrünung und Aufenthaltsqualität.
Die Churerstrasse in Buchs SG bekommt in Zukunft einen Radstreifen (Tiefbauamt Kanton St.Gallen).
Der Kanton setzt die Vorgaben in einem neuen, vorbildlichen Strassenraumkonzept um:
Die Strasse erhält auf der ganzen Länge einen Radstreifen. Im Zentrumsbereich von Buchs und rund um den Knoten und Fussgängerstreifen wird ein multifunktionaler Mittelstreifen geplant.
Der Rest der Strasse hat das Konzept einer «Kernfahrbahn», d.h. es gibt keine Mittelstreifen. Dass hier nicht alle Begegnungen auf gleicher Höhe möglich sind, wird in Kauf genommen – so oft kommen diese auch nicht vor.
Der nur zwei Meter breite, multifunktionale Mittelstreifen ist schmaler, als es Abbiegespuren üblicherweise sind. Er genügt aber trotzdem als Wartebereich für Linksabbiegende.
Die Seitenstrassen erhalten Trottoir-Überfahrten. Der Verzicht auf grosszügige Radien und Fussgängerschutzinseln ermöglicht eine wesentlich flächensparendere Knotengestaltung bei geringerer Unfallgefahr.
Der gewonnene Platz ergibt zusammen mit dem teilweisen Einbezug der angrenzenden Privatgrundstücke Raum für mehr Bäume und Begrünung.
Das Einfärben des Belags auf der Fahrbahn und die Pflästerungen im Gehbereich ergeben Plätze, die die Stadtdurchfahrt in Abschnitte gliedern. Ein Platz wird neu das Tor zum Städtchen Werdenberg markieren. Ebenso befinden sich solche Plätze an Knoten und vor historischen Gebäuden wie dem Rathaus.
Die St.Gallerstrasse in Buchs SG in Zukunft: Ein hellerer Belag markiert den Knoten zu einem Platz. Bäume beschatten die Geh- und Aufenthaltsbereiche (Tiefbauamt Kanton St.Gallen).
Wegweisend für die Gestaltung stark befahrener Strassen
Für das Team von Grünes Gallustal ist diese Projekt beispielhaft dafür, wie stark befahrene Ortsdurchfahrten künftig unter aktuellen Bedingungen gestaltet werden können. Die Strassenraumgestaltung in Buchs SG ist wegweisend: Platzsparende, aufgemalte Fussgängerschutzinseln oder auch Bäume in der Strassenmitte wären bis vor kurzem auf stark befahrenen Strassen noch undenkbar gewesen.
Die unterschiedlichen Ortsteile werden durch Knotenpunkte und Platzsituationen miteinander verbunden (Tiefbauamt Kanton St.Gallen).
Schwachpunkt: Tempo 30 wurde nicht umgesetzt
Punktuell wäre sicher mehr möglich, z.B. weniger Versiegelung in den Aufenthaltsbereichen. Einschränkend sind bei solchen Projekten immer die politische Machbarkeit, die finanziellen Möglichkeiten und die Kooperation der Nachbarschaft. Letztere ist nicht selbstverständlich, in diesem Fall aber essentiell, denn viele der eingezeichneten Bäume sollen auf Privatgrundstücken gepflanzt werden.
Die einzige nicht erfüllte Vorgabe ist die Einhaltung der Lärmschutzgrenzwerte. Die dazu erforderliche Geschwindigkeitsreduktion wird gesetzlich verwehrt. Lärmarme Beläge sind kein Ersatz. Ihre Wirkung lässt aufgrund der Abnützung und Verschmutzung schnell nach und ihre Langlebigkeit ist nicht gegeben. Tempo 30 ist die wirksamste und kostengünstigste Möglichkeit, um den Strassenlärm zu reduzieren. Als Nebeneffekt erhöht es die Sicherheit für Velofahrende und den Fussverkehr.